Mittwoch, 29. Juli 2009

27.Juli 2009: Erster Tag

06:30 Uhr, der Handywecker klingelt. Telefon einschalten? - Ja. - Duudud. Netz gefunden: Wir sind in Norwegen!! Ich klettere aus meinem Bett und erst als meine Füße den Kojenboden unter sich haben, bemerke ich, wie sehr das Schiff schwankt.

Bald schon sitzen Larissa (die besagte Hamburgerin, 19, mit der ich für ein Jahr zusammen wohnen und arbeiten werde) und ich im Restaurant und genießen ein wunderbares Frühstücksbuffet - die ertsen Kronen sind dahin. Es schmeckt köstlich und weil wir so früh sind, konnten wir sogar einen Essensplatz direkt am Fenster ergattern. Das Schiff fährt immer weiter den Fjord entlang ins Landesinnere. Bald sind wir in Oslo.




10:00 Uhr, zum ersten Mal in unserer beider Leben betreten wir norwegisches Festland. Ein Bus bringt uns direkt zur "Sentral Station", wo wir eine Fahrkarte nach Stange lösen und mit vereinten Kräften das viele Gepäck (2 Reiserucksäche, 3 Koffer, 1 Reisetasche, 2 Laptoptaschen) verstauen. Als der Zug losfährt, hat er bereits 20 Minuten Verspätung. Die Fahrt durch die schroffe Landschaft und entlang der Mjösa, des größten Binnensees Norwegens, ist wunderschön. Und es lässt sich gut schlafen. Erstaunlicherweise hält sich die Aufregeung in Grenzen.

In Stange erwartet uns Christiana. Nachdem sie uns beide gleichzeitig herzlich umart hat, vertauen wir das Gepäck in ihrem Bulli. Zu dritt sitzen wir vorne und fahren die letzten Kilometer gen "Stiftelsen Grobunn", unserem neuen zu Hause.

Christiana führt uns durch das Haupthaus (rechts im Bild) und zeigt uns unser Zimmer. Die ersten vier Wochen sollen wir zu zweit in dem größten Zimmer des Hauses wohnen. Ich glaube, es hat den schönsten Blick: direkt in den Garten mitsamt Kräuterbeet und über die nächsten Felder. Wir sind hier direkt in der Kornkammer Norwegens. Ich mag die hügelige Landschaft, der Blick ist hier freier als im übrigen Land, ein bisschen wie in Dänemark.



Die Küche mit ihrem soliden Holzmobiliar ist auch sehr schön. Christiana sagt, wir sollten uns wie zu Hause fühlen. Also durchstöbern wir die Holzschränke nach Zutaten für ein lebensrettendes Mittagessen, die Weltenreisenden haben Hunger. Johan, Moritz und all die übrigen Nudel-Fanatiker aufgepasst: Wir machen Spaghetti mit Tomaten-Karotten-Mais-Soße und finden es wunderbar - bis die übrigen WG- Bewohner, also die Praktikaten des zu Ende gehenden Jahres, auftauchen und uns über die Nahrungsmittelverteilung aufklären. Das stand uns nicht zu! Weil die Lebensmittel in Norwegen übertrieben teuer und das Essensgeld begrenzt ist, gilt: Jeder kauft und isst für sich. Oh je. Larissa und ich beschließen zu teilen. Glücklicherweise bietet uns Elisabeth, die schwangere Tocher von Christiana, an, uns durch den strömenden Regen mitzunehmen in ihrem Auto nach Stange. Dort decken wir uns mit reichlich Grundlagenfutter ein und hauen auch gleich mehr als das gesamte Essensgeld für diesen Monat auf den Kopf - obwohl wir (Marmelade und Kaffee ausgenommen) schweren Herzens auf die Plakette "Ökologisk" verzichten.

Wieder zurück auf Grobunn gehe ich mit Theresa laufen. Wir bewegen uns - immer noch im strömenden Regen - auf Feldwegen, überqueren Bahnschienen und gelangen schließlich in den Wald von Ilseng, wo es schöne Rindenmulchwege gibt. Über biodynamische Landwirtschaft dikutierend springen wir über Matschpfützen. Der Regen auf der Haut und sogar die nassen Füße tuen gut. Im Winter soll es hier schön zum Langlaufskifahren sein. Und Elche sollen ab und an zu sehen sein.

Larissa hat in der Zwischenzeit Brot aus unserer frisch erworbenen Backmischung gebacken. Es riecht wunderbar!

Eine warme Dusche tut gut.
Sarah fraht uns, ob wir "Jungle Speed" (Liebe Mama, erinnerst du dich?) mitspielen wollen. Bei diesem Spiel zählt die Reaktinsgeschwindigkeit. Na gut. Sophie, Theresa und Alexander, einer der beiden Betreuer der derzeit hier hausierenden Behinderten-Reisegruppe aus Hamburg, spielen mit. Nach einiger Zeit gebe ich auf. Ich bin einfach zu müde, um noch irgendeine angemessene Reaktion zeigen zu können. Also verziehe ich mich in unser Zimmer. Es tut gut einen Moment allein zu sein. Erst jetzt beginne ich zu denken. Es ist schön hier. Die Menschen sind nett. Ich habe Lust zu arbeiten. Aber hier zu sein, für ein Jahr, dieser Gedanke passt beim besten Willen nicht - vielleicht noch nicht- in mein kleines Köpfchen hinein. Ich nehme Johans Stoffpinguin in den Arm. Ein bisschen traurig ist das alles irgendwie schon. Aber ich freue mich auf Morgen. Zum Frühstück wird es selbsgebackenes Brot geben...

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